Der Europäische Rat tritt heute und morgen erstmals nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon zusammen. Zentrale Themen des Rates werden dabei die weitere EU-Positionierung bei der Kopenhagener Klimakonferenz sowie eine Standortbestimmung der Europäischen Union im Bereich Wirtschaft und Finanzen sein. Darüber hinaus soll ein neues innen- und justizpolitisches Strategieprogramm der EU für den Zeitraum 2010 - 2014, das sogenannte Stockholmer Programm, beschlossen werden.
Wenn die Klimakonferenz in Kopenhagen Erfolg haben soll, muss die Europäische Union die Führungsrolle beim Klimaschutz übernehmen. Den Klimaschutzbeschlüssen der EU während der deutschen Präsidentschaft müssen nun konkrete europäische Angebote in Kopenhagen folgen. Das heißt eine Aufstockung des Reduktionsziels bei Treibhausgasen von 20 Prozent auf 30 Prozent und ein starkes Signal der Solidarität gegenüber den Entwicklungsländern durch verbindliche Finanzierungszusagen, die nicht, wie von Herrn Niebel geplant, nur alter Wein in neuen Schläuchen sein dürfen.
Im Bereich Wirtschaft und Finanzen muss sich der Europäische Rat klar positionieren. Aus der Finanz- und Wirtschaftskrise müssen klare Konsequenzen gezogen werden, die künftige Krisen vermeiden oder zumindest weniger wahrscheinlich machen. Dabei helfen weniger Formelkompromisse und Rangeleien um Zuständigkeiten weiter, wie sie zum Beispiel im Bereich der europäischen Bankenaufsicht zu befürchten sind, sondern klare sachorientierte Lösungen, die die Krisenursachen beseitigen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Entwicklungen in Griechenland.
Bei der Neuausrichtung der Lissabon-Strategie für Wachstum- und Beschäftigung stehen bei diesem Europäischen Rat noch keine konkreten Entscheidungen an, allerdings kommt es hier darauf an, die Weichen bereits rechtzeitig in die richtige Richtung zu stellen. Die von der Kommission vorgeschlagene stärkere Ausrichtung der neuen Strategie auf eine nachhaltige Entwicklung ist zu begrüßen, allerdings kommt die soziale Dimension der wirtschaftspolitischen Strategie viel zu kurz. Europa muss sich auch um die sozialen Folgewirkungen seiner Politiken kümmern. Der Verweis auf rein nationales Handeln und Zuständigkeit, wie von der Bundesregierung gepredigt, reicht hier nicht aus und schadet dem europäischen Integrationsprozess.