Die vorgelegte Evaluierung zeigt eines ganz deutlich: Für die Berufs- und Karriereperspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses ist nicht das Befristungsgesetz, sondern die finanzielle Planungssicherheit der Hochschulen und außeruniversitären Forschungsorganisationen entscheidend. Hier ist der richtige Ansatz für Bund und Länder, den Trend zu weniger Vollzeitbeschäftigung sowie zunehmenden Befristungen Einhalt zu gebieten und den motivierten und engagierten jungen Menschen klare Perspektiven zu sichern. Die SPD fordert ein Personalaufbauprogramm für die Hochschulen von Bund und Ländern, das insbesondere auch 1.000 zusätzliche Juniorprofessuren vorsieht. Zudem sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer wie über all sonst auch mit Tarifverträgen von den Bestimmungen abweichen können, wenn sie es wollen. Die im Gesetz enthaltene Tarifsperre ist ein Fossil und gehört abgeschafft.

Die Evaluation insgesamt zeigt deutlich, dass die von der Großen Koalition getroffene Regelung wirkt sowie praktikabel und belastbar ist. Ein Großteil der Befristungen von bis zu 90 Prozent entfällt naturgemäß und wie erwartet in die Qualifizierungsphase vor beziehungsweise nach der Promotion. Die einzig neu geschaffene Befristungsmöglichkeit auf Basis von Drittmitteln wurde nur in fünf bis 10 Prozent genutzt und damit deutlich seltener als in der damaligen Debatte befürchtet. Insgesamt hat sich, von einzelnen Unsicherheiten in der technischen Umsetzung abgesehen, das Gesetz somit bewährt.

Zwei Befunde müssen allerdings bildungspolitisch kritisch hinterfragt werden:

  • Zum Einen befristen Hochschulen Personal auffällig stärker und überraschend früh auf Basis von Drittmittelprojekten, obgleich es sich noch in der Qualifizierungsphase befindet. Hier werden wir genau nachfragen, wieso dies geschieht und warum die Obergrenze hier nicht zuerst ausgeschöpft wird.

  • Zum Zweiten befinden sich immer noch relativ viele Über-40-Jährige in befristeten Beschäftigungsverhältnissen. Sie machen je nach Befristungsgrund und Einrichtung zwischen 15 und 31 Prozent aus. Im fünften Lebensjahrzehnt gewinnen aber Planbarkeit und Verlässlichkeit der Berufsperspektiven eine entscheidende Rolle, gerade auch im Kontext der Vereinbarkeit von Familie und Karriere. Diese Herausforderung kann nur gelöst werden, indem die Wissenschaft mehr unbefristete oder perspektivisch etwa mit tenure track abgesicherte Stellen zur Verfügung stellt - und von Bund und Ländern in die Lage versetzt wird, dies auch zu tun.

Die genaue Analyse wird zeigen müssen, ob neben der Aufhebung der Tarifsperre weiterer gesetzlicher Handlungsbedarf besteht. Unabhängig davon können wir die Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses nur über engagierte Personalaufbauprogramme und mehr Planungssicherheit für die Hochschulen und Forschungseinrichtungen verbessern. Denn nur dann können wir von ihnen auch mehr verlässliche, unbefristete Vollzeitbeschäftigungen einfordern.