Wer hält sich länger im Amt Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat oder Klaus Wowereit als Bürgermeister von Berlin?

Oppermann: Klaus Wowereit bleibt Regierender Bürgermeister von Berlin, und das ist auch gut so. Peer Steinbrück bleibt nur bis zum 22. September Kanzlerkandidat. Dann wird er Kanzler einer rot-grünen Regierung, die Deutschland besser regiert und dabei das Gemeinwohl im Auge hat.

Berlin blamiert sich bis auf die Knochen. Muss Wowereit nicht Verantwortung übernehmen und als Bürgermeister abtreten?

Oppermann: Klaus Wowereit hat Verantwortung übernommen und ist von dem Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden zurückgetreten. Er kann die Verantwortung nur dafür übernehmen, wofür er zuständig war. Die massiven Fehler bei Planung und operativer Umsetzung haben andere zu verantworten.

Ist Wowereit nicht eine Belastung für die Berliner SPD?

Oppermann: Nein. Klaus Wowereit ist und bleibt das Aushängeschild der Berliner SPD. Er hat die Stadt elf Jahre lang gut regiert.

Raten Sie Ihrem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück eigentlich, weniger Interviews zu geben?

Oppermann: Im Gegenteil. Peer Steinbrück hat die Fähigkeit, sich deutlich und klar auszudrücken. Das ist seine große Stärke. Klare Kante ist sein Markenzeichen und das muss er behalten. Viele Menschen wünschen sich das. Sie sind die Beliebigkeit von Angela Merkel satt.

Dass sich der Bundestagsabgeordnete Peer Steinbrück als Aufsichtsrat für die Belange eines Dax-Unternehmens einsetzt und seine politische Hilfe anbietet. Ist das nicht ungewöhnlich?

Oppermann: Peer Steinbrück hat exakt die Position vertreten, die er für die SPD im Bundestag vertritt. Die energieintensiven Unternehmen dürfen nicht durch zu hohe Strompreise aus Deutschland vertrieben werden. Das ist ein Anliegen der SPD. Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz am Industriestandort Deutschland. Rot-Grün hat die energieintensiven Unternehmen von der EEG-Umlage befreit. Das Problem ist allerdings: Unter Frau Merkel sind aus einigen Hundert Firmen 2000 geworden. Jetzt werden auch Golfplätze und Hähnchenmästereien subventioniert. Das wird eine rot-grüne Regierung wieder zurechtrücken.

Sollte der öffentliche Personennahverkehr weiterhin von der Umlage befreit werden, obwohl er gar nicht im internationalen Wettbewerb steht?

Oppermann: Der öffentliche Personennahverkehr muss bezahlbar bleiben. Alle anderen Ausnahmen werde wir aber sorgfältig prüfen. Wir müssen zurück zu einer restriktiven Definition der energieintensiven Unternehmen. Es sollten nur solche Firmen profitieren, die im Wettbewerb mit ausländischen Firmen stehen. Sonst geht die Legitimation für die Förderung der erneuerbaren Energien verloren.  Mit jeder weiteren Ausnahme zahlen nämlich alle anderen Verbraucher höhere Strompreise.

Zurück zu Peer Steinbrück: Die Niedersachsen-SPD sagt, Steinbrück schade im Wahlkampf nicht. Müsste er nicht eigentlich Rückenwind geben?

Oppermann: Das tut er. Ich bin viel mit Peer Steinbrück in Niedersachsen unterwegs und kann ihnen sagen: Die Menschen rennen ihm die Bude ein, das Interesse an ihm ist ungebrochen. 

Die SPD-Fraktion startet mit einer Klausurtagung ins Wahljahr. Nun will die SPD sich als Anwalt der Mieter positionieren und die Bestandsmieten deckeln. Haben Sie etwas gegen Wohnungseigentümer? 

Oppermann: Nein, aber gerade in den Ballungszentren und Städten machen sich die Menschen Sorgen über rasant steigende Mieten bei gleichzeitig steigenden Heiz- und Stromkosten. Bezahlbarer Wohnraum darf kein Luxusgut werden. Deshalb wollen wir den Mietmarkt stärker regulieren. Dazu gehört, dass bei Neumieten maximal 10 Prozent gemessen an der ortsüblichen  Vergleichsmiete und bei Bestandsmieten maximal 15 Prozent über vier Jahre aufgeschlagen werden darf. Wir wollen verhindern, dass Mieter erst aus ihren Wohnungen vertrieben werden und dann die Wohnungen zu Fantasiepreisen neu vermietet werden.

Und Sie wollen Tausende Wohnungen vom Staat bauen lassen. Das klingt wie eine Rückkehr zum sozialen Wohnungsbau der 70er Jahre?

Oppermann: Wir wollen den genossenschaftlichen Wohnungsbau stärken. Das ist eine uralte, aber fortschrittliche Idee, die nicht der Profitmaximierung dient. Wohnen ist ein Grundrecht. Das muss der Staat sicherstellen.

Die Kanzlerin und ihre Union eilt in den Umfragen von Rekordhoch zu Rekordhoch. Ihre inhaltlichen Initiativen scheinen nicht zu funktionieren? 

Oppermann: Die Union profitiert allein vom starken Niedergang der FDP, die sich auf offener Bühne Machtkämpfe liefert und keinerlei inhaltliche Konzepte mehr anbietet. Die Umfragen spiegeln also nur eine scheinbare Stärke der Union wider. Das bürgerliche Lager insgesamt verliert. Rot-Grün hat alle Chancen mit den Themen bessere Bildung, bezahlbarer Wohnraum und einer gerechteren Besteuerung die anstehenden Wahl in Niedersachsen und dann auch im Bund zu gewinnen.

Die SPD ist einer aktuellen Forsa-Umfrage auf 25 Prozent abgesackt. Ist das auch nur eine scheinbare Schwäche?

Oppermann: Wir stehen in den meisten Umfragen bei knapp 30 Prozent. Das ist neun Monate vor der Bundestagswahl gar nicht so schlecht. Wir werden aber noch deutlich zulegen. Niemand sollte die SPD und Peer Steinbrück unterschätzen.

Die EU will dem pleitebedrohten Zypern Kredithilfen geben. In Ihrer Partei stößt das auf Kritik. Kündigt die SPD Merkel in der Europapolitik die Gefolgschaft?

Oppermann: Es gibt keinen Blankoscheck der SPD. Das Geld der deutschen Steuerzahler darf nicht verwendet werden, um marode zypriotische Banken über Wasser zu halten, die russischen Oligarchen bei der Geldwäsche helfen oder anderweitig Beihilfe zum Steuerbetrug leisten. Dafür würde kein Abgeordneter der SPD die Hand heben. Frau Merkel und Herr Schäuble müssen deshalb dafür Sorge tragen, dass Zypern die Kollaboration mit Geldwäschern und Steuerhinterziehern  rückstandsfrei beendet.

Der Bundesrat hat einen Antrag zum NPD-Verbot beschlossen, Bundestag und Bundesregierung zögern noch. Was schlagen Sie vor?

Oppermann: Ich finde, wir brauchen gegen die NPD möglichst große Geschlossenheit: Nicht nur der Bundesrat, auch Bundestag und Bundesregierung sollten einen Verbotsantrag stellen. Wir haben den anderen Fraktionen im Bundestag ein gemeinsames Vorgehen vorgeschlagen. Herr Kauder und Herr Brüderle haben das abgelehnt. Wir werden noch im Januar einen eigenen Antrag zum Verbot der NPD im Bundestag einbringen. Ich hoffe, dass sich dann auch Merkel, Friedrich, Kauder und Brüderle endlich dazu durchringen können, eine klar rechtsextreme, antisemtische und in Teilen gewaltbereite Partei mit allen Mitteln zu bekämpfen.