Schon seit einiger Zeit setzt sich vor allem die spanische Regierung in der EU für eine Entspannung der Beziehungen zu Kuba ein. Kanzleramt und Auswärtiges Amt wollen aber offenbar jede Lockerung des sogenannten "Gemeinsamen Standpunkts" von 1996 blockieren, der mit dem Verweis auf die Nichtachtung der Menschenrechte jeden direkten Dialog mit der kubanischen Regierung verweigert.
Wir rufen die Bundesregierung eindringlich auf, einer Lockerung der Beziehungen zwischen der EU und Kuba nicht im Wege zu stehen. Angesichts der jüngeren Entwicklung sollte die EU für einen politischen Dialog und engere Beziehungen mit Kuba offen sein. Gerade jetzt, nach der Freilassung zahlreicher Gefangener und dem Beginn einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reformdiskussion an der Spitze der kubanischen Führung, darf die Chance auf Bewegung in den Beziehungen nicht verpasst werden. Jetzt sollte die EU nicht stur an den zu engen Beschränkungen durch den immerhin 14 Jahre alten "Gemeinsamen Standpunkt" festhalten.
Die Einhaltung von Menschenrechten, die wir uneingeschränkt fordern, darf nicht vermischt werden mit der Frage des "Systemwechsels", unter der viele nichts anderes als den Übergang zu kapitalistischen Strukturen nach westlichem Vorbild verstehen.
Auch sieht der "Gemeinsame Standpunkt" ausdrücklich vor, die Entwicklungen in der kubanischen Innen- und Außenpolitik nach den gleichen Maßstäben zu bewerten, die auch für die Beziehungen der EU zu anderen Ländern gelten. Davon kann derzeit keine Rede sein. Auch sei es nicht Politik der EU, den Wandel durch Zwangsmaßnahmen herbeiführen zu wollen. Dies würde ein anderes Handeln der EU selbst und eine Problematisierung der US-Blockade nahelegen. Selbst die USA unter Präsident Barack Obama haben Kuba einen Neuanfang angeboten und die Kuba-Sanktionen im vergangenen Jahr gelockert, indem beispielsweise Beschränkungen für Reisen und Überweisungen nach Kuba aufgehoben wurden.
Gerade im Sinne einer an den Menschenrechten ausgerichteten Politik ist eine Intensivierung der Gespräche und der Beziehungen zu Kuba erforderlich. Ganz in der Tradition Willy Brandts und seiner erfolgreichen Entspannungspolitik fordern wir: Notwendig ist ein konstruktiver Dialog, kein stures Beharren auf dem "Gemeinsamen Standpunkt" von 1996 und dessen bisheriger Auslegung.
Wenn die Bundesregierung ihre sogenannte Lateinamerika-Strategie ernst nimmt, verbietet es sich, ein Land, das auf dem Kontinent immer mehr integriert ist, seitens der EU weiterhin auszugrenzen.