Am Mittwoch diskutierte der Bundestag auf Antrag der SPD über Konsequenzen aus der Schikane von Leiharbeitnehmern beim Online-Versandhaus Amazon. In der Debatte machten die Rednerinnen und Redner der SPD-Fraktion deutlich: Die durch Medienberichte bekannt gewordene, untragbare Ausbeutung und Menschenschinderei bei Amazon ist kein Einzelfall. Sie ist „die Spitze des Eisberges der Prekarisierung am Arbeitsmarkt“, wie es der SPD-Politiker Klaus Barthel formulierte.

Barthel verwies darauf, dass die Hälfte aller neuen Arbeitsverhältnisse befristet ist, dass sich die Leiharbeit in den letzten Jahren mehr als verdoppelte und dass Leiharbeitnehmer im Schnitt 40 Prozent weniger Lohn erhalten als Festangestellte – bei unsichereren Arbeitsbedingungen. Barthel: „Amazon ist überall.“

Die arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Anette Kramme, schlug in die gleiche Kerbe und kritisierte die schwarz-gelbe Bundesregierung dafür, die Größe des Problems herunterzuspielen. „Es gibt keine Bereitschaft anzuerkennen, dass hinter diesen Praktiken Methoden stehen, die den ganzen Arbeitsmarkt immer wieder beeinträchtigen, vor allem im Niedriglohnsektor“, so Kramme.

Die SPD-Sozialpolitikerin Gabriele Lösekrug-Möller kritisierte, Bundesarbeitsministerin von der Leyen wende in solchen Fällen zunächst immer das Prinzip der „größtmöglichen Empörung“ an, um „im nächsten Akt“ alles als Einzelfall zu deklarieren und sich dadurch als Gesetzgeber aus der Verantwortung zu stehlen. Anette Kramme sagte: „Man kündigt lautstark wirkungslose Maßnahmen an, ohne tatsächlich bereit zum Handeln zu sein.“ Schwarz-Gelb sei nicht einmal bereit, die Europäische Leiharbeitsrichtlinie konsequent umzusetzen, geschweige denn für gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu sorgen.

Für eine neue Ordnung am Arbeitsmarkt

Für die SPD-Fraktion steht dagegen fest: Beim Missbrauch von Leiharbeit und der Ausbreitung von Niedriglöhnen und prekärer Beschäftigung handelt es sich um ein „strukturelles Problem“ (Lösekrug-Möller). Deshalb kann die Konsequenz aus dem Amazon-Skandal auch nur in einer neuen Ordnung am Arbeitsmarkt bestehen. Dazu gehören der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ beim Stammpersonal und der Leihbelegschaft, die Eindämmung von Befristungen, der Ausbau der Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Maßnahmen gegen den Missbrauch von Werkverträgen und Minijobs sowie der gesetzliche Mindestlohn.

Der SPD-Politiker Michael Roth, in dessen hessischem Wahlkreis Amazon einen Standort unterhält, appellierte auch an das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen: „Wir brauchen eine Wiederbelebung der Kultur der sozialen Verantwortung“, so Roth. „Unternehmen die rein profitorientiert an den Interessen der Beschäftigten vorbei operieren - das kann nicht Ziel der sozialen Marktwirtschaft sein.“