Debatte zur NSA-Affäre

Steinmeier: Wir brauchen ein Völkerrecht im Netz

Die große zivilisatorische Leistung des 20. Jahrhunderts bestand in der Gründung der Uno, der Etablierung des Völkerrechts. Das 21. Jahrhundert fordert neue Leitplanken, sagte Frank-Walter Steinmeier bei der Debatte um die Ausspähungen der NSA. Unterschiedliche technische Möglichkeiten müssten in Recht übersetzt werden.

Frank-Walter Steinmeier
(Foto: picture alliance/dpa)

Der Bundestag hat sich an diesem Montag mit den Folgen der NSA-Affäre und den massiven Ausspähungen durch die Amerikaner befasst.

Bundeskanzlerin Merkel (CDU) hatte bereits in einer Regierungserklärung zuvor, bekräftigt, dass es sich hier um einen gravierenden Vertrauensbruch seitens der US-Regierung handelt.

Der SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier machte deutlich, dass er nicht bereit sei, sich mit ein paar Formeln des Bedauerns zufriedenzugeben. Die Aufklärung dürfe "nicht in die ferne Zukunft" verschoben werden. Das sei auch geboten, weil Vertrauen ein fester Bestandteil des transatlantischen Bündnisses sei. Was da geschehen sei, "gehört sich nicht".

Es gelte, Fragen aufzuklären: Auf wen bezogen sich die Ausforschungen? Wurden auch andere Politiker ins Visier genommen? Steinmeier: "Auf Misstrauen lässt sich keine Zukunft bauen."

Die Herausforderung sei es nun, zu klären, wie "in einer digital vernetzten Welt Freiheit und Sicherheit in das richtige Lot gebracht werden können". Internet sei zwar ein elementares Grundrecht, aber "nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch rechtlich erlaubt oder politisch klug." Spionage unter Freuden könne man nicht mit einem Schulterzucken hinnehmen.

Es bedürfe nun eines Völkerechts im Netz, das unterschiedliche technische Möglichkeiten in Recht übersetzt.

 

Rede von Frank-Walter Steinmeier in der Debatte zur NSA-Affäre

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Regierung war zuvor "grenzenlos naiv"

SPD-Innenexperte Thomas Oppermann betonte, es sei enorm wichtig, die deutschen Unternehmen, etwa in der Forschung, stärker vor Spionage zuschützen. Darüberhinaus müsse mehr in Forschung und Entwicklung investiert werden, um eben die Unternmehem effektiver schützen zu können.

Es sei richtig, dass die Bundesregierung nun ein Antispionageabkommen verhandelt. Das jedoch müsse auch der Überwachung der privaten Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger Schranken setzen. Denn es sei, sagte er mit Blick auf die amtierende Regierung, noch immer nicht geklärt, was das Programm Prism alles könne und wie weit die deutsche Bevölkerung ausgespäht worden sei. Den anfänglichen Glauben der Regierung an die Beteuerungen der NSA nannte Oppermann "grenzenlos naiv". Selbst der US-Kongress zweifle, ob die NSA noch steuerbar sei.

Die USA seien der wichtigste Bündnispartner, aber das sei eben nicht vereinbar mit Ausforschungen.

Für den Whistleblower Edward Snowden gelte es, eine "humanitäre Lösung" zu finden. Oppermann steht einer Befragung Snowdens in Russland positiv gegenüber.

 

Rede von Thomas Oppermann in der Debatte zur NSA-Affäre

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Die Abgeordnete Eva Högl appellierte an alle Fraktionen des Bundestages, gemeinsam aufzuklären und dabei die gleiche Fairness und den gleichen Aufklärungswillen an den Tag zu legen, wie zuvor bei den Untersuchungen zur Mordserie des NSU. Das sei schließlich "eine Sternstunde des Parlamentarismus" gewesen, so Högl. Es gelte aufzuklären, was die deutschen Nachrichtendienste wann wussten, vieles sei aber schwer für die Abgeordneten aufklärbar, etwa in Richtung er NSA-Praktiken an sich.

Högl plädierte für eine massive Stärkung des Parlamentarischen Kontrollgremiums PKGr, das die Geheimdienste kontrollieren soll.

 

Rede von Eva Högl in der Debatte zur NSA-Affäre

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Enger mit dem US-Kongress zusammenarbeiten

Der Netzpolitiker Lars Klingbeil forderte, in der Aufklärung enger mit dem US-Kongress zusammenzuarbeiten.

Es gehe vor allem darum, verlorenes Vertrauen in die sichere Kommunikation wiederherzustellen, die Privatsphäre zu stärken. Vor allem müsse dafür gesorgt werden, dass Geheimdienste wieder dem Primat der Politik untergeordnet werden.

In Richtung Bundesinnenminister Friedrich (CSU) bemerke Klingbeil, dass er angesichts der Enwticklungen schon "etwas mehr Demut" von ihm erwartet hätte. Denn auch schon vor der Bekanntmachung, dass Merkels Handy abgehört wurde, habe es viel gegeben, worüber man sich empören könne.

 

Rede von Lars Klingbeil in der Debatte zur NSA-Affäre

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Klingbeil warnte davor, mittels des Begriffs Supergrundrecht andere Grundrechte gegeneinander auszuspielen. Vielmehr müsse es nun darum gehen, den USA Grenzen zu setzen und mehr Souveränität in Sachen Netzpolitik zu zeigen. "Das hat mit einer Renationalisierung des Internets nichts zu tun, wenn man die Rahmenbedingungen für Soft-und Hardware stärken will", sagte Klingbeil. Auch wäre es in seinen Augen nötig, das Swift-Abkommen mit der US-Regierung zu stoppen - das fordere auch das EU-Parlament. Und schließlich gehe es um eine völkerechtliche Absicherung, die nicht zwischen Geheimdiensten ausgehandelt werden dürfe.

Klingbeil sagte zum Schluss, die Deutschen müssten Edward Snowden dankbar sein, der sei "ein mutiger, junger Mann".

Alexander Linden

 

Thomas Oppermann sagte nach der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums, die SPD erwarte ein rechtsverbindliches Antispionageabkommen, dass auch Bürgerinenn und Bürger vor Überwachung schütze. Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert, zu prüfen, ob Edward Snowden als Zeuge in der NSA-Affäre zunächst in Moskau befragt werden könne.

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