Bündnis aus Kultur, Politik und Wirtschaft berät Bedingungen der Kreativwirtschaft

Kulturpolitik ist keine Festivalpolitik

„Wir haben viel zu tun“, eröffnete Tim Renner, Musikproduzent, Autor und Mitinitiator des Kreativpaktes, ein Treffen mit Vertretern der SPD-Bundestagsfraktion, Künstlern, Kulturschaffenden und Verbänden aus Kultur und Medien. Der Kreativpakt-Prozess reichte von der Idee 2009 über die Konzeption 2010 bis zum Impuls für das SPD-Regierungsprogramm 2013. In dieser Woche wurde über Pläne und Umsetzung nach der Bundestagswahl diskutiert.
Kreativpakt-Veranstaltung mit Steinmeier, Steinbrück und Tim Renner
(Foto: Dirk Bleicker)

Zu Beginn betonte der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier in einem Impulsvortrag, dass Kulturpolitik nicht  immer nur kurzatmig alle vier Jahre zur Bundestagswahl in der Diskussion erscheinen dürfe. „Wir haben mit dem Kreativpakt eine Politik der Langfristigkeit und Nachhaltigkeit angelegt.“ Das unterscheide sich von denjenigen, die Kulturpolitik nur wahrnehmen, wenn der Rote Teppich ausgerollt und glitzernde Kleider vorgeführt würden. „In der Sozialdemokratie weiß man, dass die Realität von Kultur eine andere ist. Spätestens dann, wenn die Teppiche wieder eingerollt werden, steht wieder im Vordergrund, wie man am Monatsende über die Runden kommt. Und das ist für viele Bereiche der Kultur keine leicht zu beantwortenden Frage." Dahinter versteckten sich, so Steinmeier weiter,  aktuelle Themen, um die "wir alle uns beim Kreativpakt nun gekümmert haben“. Kulturpolitik sei keine Festivalpolitik.
Zentrale Themen des Kreativpaktes sind unter anderem die Überarbeitung des Urheberrechts, der Kulturförderung und der sozialen Absicherung. „Wir müssen die Frage der Alterssicherung beantworten.“ Der Verweis, die SPD habe irgendwann mal die Künstlersozialkasse ins Leben gerufen, reiche nicht aus - so sinnvoll und richtig sie nach wie vor sei. So müsse man auch an die klassischen Versicherungen ran und klären, wie mit atypisch Beschäftigten umgegangen werde. Dazu bedürfe es vor allem einer Renovierung der sozialen Sicherungssystem, die bislang auf das sog. Normalarbeitsverhältnis ausgerichtet seien. Steinmeier: „Der Kreativpakt ist der Versuch, aus dem Rituellen, in dem sich Politik, Kulturpolitik und  Künstler immer wieder begegnen, auszubrechen."

„Durch das Wir gestalten“

Daran knüpfte nachfolgend Madeline Ritter vom Kreativpakt e. V. an. Sie formulierte den Wahlslogan der SPD in „Durch das Wir gestalten“ um. „Wir erwarten, dass der Kreativpakt nicht nur ein Papier bleibt“, forderte Ritter.
Tim Renner stellte fest: "Wenn wir Kreativschaffenden die Avantgarde der Probleme sind, wollen wir auch die Avantgarde der Lösungen sein."

Aus Sicht von Peer Steinbrück sollte das Urheberrecht eine zentrale Rolle spielen. Zudem hob er seine Anliegen, die Netzpolitik, verbesserte Wirtschaftsförderung und eine flächendeckende Breitbandversorgung hervor. Dort sei vonseiten der Bundesregierung nichts passiert. „Bei der Breitbandversorgung ist Deutschland schlechter als Rumänien“. Steinbrück warnte in diesem Zusammenhang auch vor einer zunehmenden Spaltungstendenz im digitalen Bereich. Darum müssen technische Voraussetzungen geschaffen werden und gleichzeitig Menschen durch Bildung digitale Kompetenz erlangen.

Zudem brauche gerade eine älter werdende Gesellschaft eine kreative Avantgarde, die sich politisch einmischt. In Deutschland arbeiten rund eine Millionen Menschen in der Kreativwirtschaft und erzielen einen jährlichen Umsatz von ca. 137 Milliarden Euro. Steinbrück: „Deutschland hat die Chance auf eine digitale Wirtschaft, auf eine Vierte Industrielle Revolution gerade weil wir uns nicht deindustriealisiert haben. Die Kultur, die er sich wünsche, heiße "Experimentieren ist erwünscht. Scheitern ist erlaubt."

Technische und gesellschaftliche Schnittstelle

In der anschließenden Runde diskutierten die Vortragenden zusammen mit der Designforscherin Gesche Joost, Mitglied des Kompetenzteams von Steinbrück. Sie bekräftigte: „Dass Künstler von ihrem Beitrag nicht mehr leben können, ist untragbar". Die Kreativwirtschaft sei ein "Hybrid“. Zudem könne sie als technische und gesellschaftliche Schnittstelle durch z. B. Open Data und Open Access einen Beitrag zu mehr Transparenz und Demokratisierung leisten.

Zum Schluss wurde der Dokumentarfilm „A Silent Rockumentary“ (Kinostart: 27. Juni 2013) über die Mannheimer Band „Mardi Gras.BB“ gezeigt. Der Film von Regisseur Jonas Grosch ist nicht nur ein Bandportrait, sondern vor allem ein künstlerischer Beitrag zur Debatte über das Urheberrecht und den Wert von Musik.

Lina Beling/Thomas Friebel

Kreativität ist der Rohstoff des 21. Jahrhunderts! Künstlerinnen und Künstler aus allen Bereichen machen sich stark für eine bessere soziale Absicherung, ein modernes Urheberrecht und kulturelle und wirtschaftliche Förderung. Gemeinsam unterstützen sie den Kreativpakt der SPD-Bundestagsfraktion.

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