Abstimmung über ESM und Fiskalpakt

Gabriel: Merkels Regierungshandeln dilettantisch

Am Freitagabend wurden der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der die EFSF 2013 ablösen soll, und der Fiskalpakt, der die Länder Europas auf mehr Spardisziplin verpflichtet, im Bundestag debattiert. Beide Gesetzesvorhaben sollten mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedet werden. Zuvor lieferten sich die Fraktionen in der Aussprache einen intensiven Schlagabtausch.

Plenarsaal im Deutschen Bundestag
(Foto: Deutscher Bundestag / Lichtblick/Achim Melde)

Nach der Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach SPD-Parteichef Sigmar Gabriel als Erster für die SPD-Fraktion. Gabriel stellte zunächst klar, dass die SPD die Wachstumsbeschlüsse des jüngsten EU-Gipfels ausdrücklich begrüße. „Wir freuen uns, dass die Finanztransaktionssteuer endlich auf den Weg gebracht ist“, sagte Gabriel und erntete großen Applaus seiner Abgeordneten. Er wies darauf hin, dass die Steuer ohne den Druck von SPD und Grünen nicht möglich gewesen wäre. Nun müssten sich endlich auch die Finanzmärkte an dem Desaster beteiligen, das sie angerichtet hätten.

Gabriel ging auch auf die im Raum stehenden Euro-Bonds ein. Er teile die Sicht von Bundesfinanzminister Schäuble (CDU), der postuliert hatte, bevor Euro-Bonds eingeführt werden, müsse es erst eine Fiskalunion samt Europäischem Finanzminister geben. „Aber lassen wir doch diese Scheindebatte – Euro-Bonds gibt es ja längst, sie heißen aber Merkel-Bonds“, sagte Gabriel. Er spielte damit auf die EZB an, die klamme Länder direkt unterstützt. „Da haftet Deutschland mit, aber ohne eine Kontrolle, was die Länder mit dem EZB-Geld eigentlich genau machen“.

Keinerlei Wachstumsinitiativen von Merkel

In Richtung Merkel stellte Gabriel fest: „Seit dem Sieg von Francois Hollande in Frankreich reden Sie immer davon, dass Wachstum und Schuldenabbau zusammengehören. Was haben Sie denn in den letzten drei Jahren an Wachstumsinitiativen auf den Weg gebracht?“ Keine einzige Initiative habe sie auf den vergangenen 24 Gipfeln geschaffen. An die Adresse des Unions-Fraktionsvorsitzenden Kauder (CDU) richtete Gabriel den Hinweis, dass Kauder vor einigen Monaten gesagt habe, in Europa werde wieder Deutsch gesprochen. „Rekordschulden, Rekordarbeitslosigkeit, Minuswachstum, Jugendarbeitslosigkeit – das ist rausgekommen, wenn Deutschland spricht.“

Zur FDP bemerkte Gabriel, dass von dort ein paar Mal das Wort Schuldensozialismus gekommen sei. Doch den Schuldensozialismus, den betrieben die Vorstandvorsitzenden der Banken, die fordern, dass die Steuerzahler ihre Fehlspekulationen ausgleichen.

Es sei das dilettantische Regierungshandwerk Angela Merkels, dass die Krise so eskaliert sei, weil sie viel zu spät gehandelt habe, und vor allem, dass sich nun die Verfassungsorgane in die Quere kämen. „Dafür sind Sie persönlich verantwortlich!“, sagte der SPD-Chef.

Rede von Sigmar Gabriel

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Europa wichtiger als Profilierung

Gabriel bekräftigte, dass die SPD dem ESM und dem Fiskalpakt mit großer Mehrheit zustimmen werde: „Wir stimmen dieser Notoperation zu, weil wir nicht wollen, dass die Finanzmärkte weitere Staaten in den Abgrund ziehen. Europa ist uns wichtiger als parteipolitische Profilierung.“ Es gehe nun darum, zu retten, was zu retten ist. Gabriel: „Das verstehen wir unter verantwortlichem, politischen Handeln“.

Es sei schließlich so, dass Deutschland nun auch einen Teil dessen zurückgebe, was es an Europa schon verdient habe. Denn Deutschland sei keineswegs nur Nettozahler, sondern vor allem Nettogewinner in Europa. Er empfahl eine Volksabstimmung, etwa über die Verfassung. „Nur so lässt sich verhindern, dass Europa zu einem Elitenprojekt wird“, sagte Gabriel. „Allein gehen wir unter in Europa. Dieses Europa ist ein Projekt der Menschen. Wir sind bereit, für ein Europa der politischen und sozialen Union einzutreten.“

Der SPD-Fraktionschef und der Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz nehmen Stellung zu den Beratungen im Bundestag über Fiskalpakt
und ESM.

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